Stacking

Stacking

Das Entwicklungsstudio von Tim Schafer ist bekannt dafür, das Genre der Action-Adventures immer wieder neu zu interpretieren. In „Stacking“ lässt Double Fine jetzt Matrjoschkapuppen tanzen PS3 • XBox 360 (Download) | Entwickler Double Fine | Publisher THQ | Termin 9. Februar | Preis 14 Euro | USK frei | Spieler 1 Aus der Not entstehen oft die originellsten Ideen. „Stacking“ zum Beispiel. Nach langer Ungewissheit um die Metal-Hymne „Brütal Legend“ nahm sich Entwickler Double Fine vor, lieber erst mal vier Spiele mit kleinem Budget zu produzieren. Eines davon ist „Stacking“. Und diesem Werk liegt eine durchaus skurrile Idee zugrunde: „Stacking“ ist ein Adventure, in dem die Figuren kleine Matrjoschka-Puppen sind. Jene hohlen russischen Holzfiguren, die man so ineinanderstecken kann, dass jede in der nächstgrößeren verschwindet. Der Held des Spiels ist Charlie, das jüngste Mitglied der Matrjoschka-Familie Blackmore. Charlie lebt in der Zeit der Großen Depression, aber davon merkt man bei der stets ins warme Licht von Gaslaternen gehüllten Spielwelt ziemlich wenig. Es sieht aus, als hätten die Bewohner ihre Art-déco-Häuser aus Alltagsgegenständen wie Golfbällen und Garnrollen selbst erbaut. Diese Idylle bedroht einzig ein habgieriger Baron. Der Adelige und seine Schergen entführen Puppenkinder und zwingen sie, als Heizer im Bauch von Dampfschiffen, Zügen und Zeppelinen Kohle zu schaufeln. Darunter sind auch die Geschwister von Charlie. Der macht sich nun auf, sie zu befreien. Charlie ist der Kleinste, aber das ist auch ein Vorteil, wenn man eine Matrjoschka ist. Als kleinste stapelbare Holzfigur kann er in die hohlen Körper größerer Puppen hineinschlüpfen und sich Erscheinungsbild und Fähigkeiten des Gastgebers aneignen. Welche Künste die verschiedenen Holzfiguren beherrschen, ist meist schon von Weitem erkennbar. Und das Repertoire ist nicht minder originell als das Spielprinzip. Der Vielfraß, der von einer Gaswolke umhüllt ist, hat zum Beispiel eine Neigung zur Flatulenz. Wird es notwendig, eine Gruppe feiner Herren aus einem Salon zu vertreiben, liegt es also nah, in die Haut des Dicken zu schlüpfen und sich mit einem seiner Pupse Raum zu verschaffen. Wer es hingegen vorzieht, den Türsteher abzulenken, um sich hineinzuschleichen, bezirzt ihn als blonde Femme fatale, deren Hüftschwung alle in ihrer Nähe in den Bann zieht. Die intuitiv steuerbaren Puppen ersetzen die komplizierte Point’n’Click-Mechanik klassischer Adventures. Manchmal ist es nötig, mehrfach den Hochstapler zu spielen und Charlie in mehrere Matrojschkas zugleich schlüpfen zu lassen. Denn an einigen Stellen führt nur die Kombination von zwei sich ergänzenden Aktionen zum Erfolg. Will man etwa auf einem Luxusdampfer eine Passagierin einfrieren, muss eine von uns gekaperte Spielfigur sie mit Wasser begießen und eine weitere Puppe dafür sorgen, dass die Dame eiskaltem Wind ausgesetzt wird. Solche mehrstufigen Rätsel hätten gerne häufiger vorkommen dürfen. Stets führen aber mehrere Wege zur Lösung, „Stacking“ bietet also trotzdem genug Stoff für lange Rästelabende. Zudem machte es durchaus Spaß, einfach nur Kapriolen zu schlagen und anarchisch Streiche zu spielen. Das Spektrum reicht dabei vom königlichen Hosenreißer, bei dem man seinem Opfer die auf den hölzernen Körper gemalte Unterhose bis zum Hals zieht, bis hin zu derben Kopfstößen. „Stacking“ strotzt vor variantenreichen Rätseln und Späßen. Leider sind die Persönlichkeiten der Puppen nicht ganz so vielseitig. Nur ausgewählte Charaktere sind mit einer individuelle Vorgeschichte bedacht worden, die in kurzen Stummfilm-Episoden gezeigt wird. Man erfährt zum Beispiel, dass eine deutsche Auswandererfamilie das Schnitzelmuseum besuchen will und sich in der hektischen Bahnhofshalle aus den Augen verliert. Dem Sparzwang der Entwickler ist auch die Sprachausgabe zum Opfer gefallen. Die hätte dem Spiel die Atmosphäre verliehen, die ihm jetzt ein wenig fehlt. Für Freunde von „Costume Quest“, „Psychonauts“, „Grim Fandango“ [nggallery id=73]
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von Christian Neeb / März 7th, 2011 /

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