Mit Essen spielt man nicht

Mit Essen spielt man nicht

Mit Apple-Rechnern wird gearbeitet. Wenn es ums Computerspielen geht, bauen die meisten lieber auf die neueste PC-Grafikkarte. Dabei könnten Macs eigentlich die viel besseren Spielecomputer sein

Wenn jemand Computerspiele sagt, meint er PC-Spiele. Den Mac hat eigentlich niemand als Spielecomputer auf dem Schirm. Doch das könnte sich vielleicht schon bald ändern. Zwar baut Apple momentan noch eher Computer für eine stilbewusste Minderheit, doch aus den sechs Prozent Marktanteil könnten zügig mehr werden. Die Absatzzahlen des Hardware-David zogen in den letzten Jahren rapide an. Die Wachstumsraten für das kommende Jahr sind einmalig in der Geschichte der Computerindustrie. Dieser Popularitätszuwachs liegt wohl nicht zuletzt am Erfolg des iPod. Doch ein MP3-Player allein wird nicht reichen, um die Apple-Philosophie auch nachhaltig in der PC-Domäne zu verankern. Deswegen dringen die Kalifornier jetzt mit dem Mini-Mac, einem backsteingroßen, stylischen Volkscomputer, in den Markt der Niedrigpreis-PCs ein. Doch die neu erschlossene Käufergruppe stellt Ansprüche. War der Mac bisher vor allem das Arbeitstier von Grafikern, Musikern und Redakteuren, wollen die neuen Mac-Besitzer mit ihrem Mac auch spielen können. Spielen mit dem Mac? Geht das? Und wenn ja, gibt es überhaupt Spiele-Software für Apples Betriebssystem OS X? Vip Patel, der Europachef von Aspyre, dem weltweiten Marktführer für die Entwicklung und den Vertrieb von Mac-Spielen, reagiert entspannt auf diese Art von Fragen. Er hat sie schon tausendmal gehört. Computerspiele und Macintosh, ist das nicht ein Widerspruch? Überhaupt nicht! Einige der ersten Spiele, die für Home-Computer hergestellt wurden, liefen auf Macs. Und heute vereint ein Apple wie kein anderer Computer die Fähigkeiten eines Heimcomputers mit denen eines Multimediacenters. Das Großartige an einem Mac ist, dass er dem User die Flexibilität eines Heimcomputers und die Stabilität einer Videospielkonsole bietet. Schön, iTunes ist als MP3-Verwalter so verbreitet wie kein anderes Programm, und im Gegensatz zum PC muss ich nicht erst ein DVD-Abspiel-Programm kaufen, um Filme auf meinem Computer sehen zu können. Und, ja: Vielleicht ist der Mac durch seine übersichtliche Anzahl von Hardware-Kombinationsmöglichkeiten sogar der stabilere Spielecomputer. Aber die Frage ist doch: Wer will überhaupt mit seinem Mac spielen? Darauf kann ich nur antworten: Jeder, der einen Mac besitzt, kann zumindest. Unser Angebot umfasst alles, von „Harry Potter“ über „The Sims“, „Tony Hawk“ und „Call Of Duty“ bis hin zu „Doom 3“. Wir publishen nur Topspiele, die bereits als PC-Spiel ein Erfolg waren. Unter unseren Kunden finden sich absolute Freaks genauso wie absolute Neulinge. Hat also ein erfolgreicher PC-Spielemarkt auch Einfluss auf die Mac- Spieleindustrie? Wenn sich ein Spiel für den PC gut verkauft, ist das zugleich auch ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass es sich auch auf dem Mac gut verkaufen wird. Ein erfolgreicher PC-Markt bedeutet für Mac-Benutzer, dass mehr und mehr Spiele auch für ihre Plattform erscheinen werden. Ist es denn möglich, dass irgendwann einmal große Spielproduktionen, wie zum Beispiel „Half-Life 2“, exklusiv für Mac erscheinen? Die Produktionskosten für einen Toptitel wie „Half-Life 2“ kann kaum mit der geringen Nutzerzahl von Mac-Rechnern in Einklang gebracht werden. Damit sich solch ein Entwicklungsaufwand lohnt, muss die Zielgruppe für Mac-Spiele leider noch erheblich mehr wachsen. Wer also sein Lieblingsspiel auf dem Mac spielen möchte, muss momentan noch auf den guten Geschmack der PC-User bauen. Doch das war nicht immer so. Vor 20 Jahren war der Mac für die Spielewelt das, was der PC für sie heute ist. Seine für damalige Verhältnisse unglaubliche Grafik-Power ließ den Macintosh Mitte der achtziger Jahre zum Tummelplatz für Spieleentwickler werden. Und weil der Apple-Rechner als erster Office-Computer überhaupt per Maus bedienbar war, entstanden die ersten Spiele mit Mausunterstützung nicht für den PC, sondern bereits 1985 für den Mac. Doch Apple-Chef Steve Jobs wollte nicht, dass mit seinen Computern gespielt würde. Seine leistungsfähigen Rechner sollten zu bloßen Spielautomaten verkommen? Nicht, wenn er es verhindern konnte. Also unterband er die Spieleentwicklung für seine Computer, beziehungsweise unterstützte sie nicht. Nach und nach verlegten sich die meisten Entwickler auf andere Plattformen. Aus einstigen Macintosh-Programmierern wurden so beispielsweise Atari-Mitarbeiter. Auch ganze Firmen, die zuvor ausschließlich Mac-Spiele programmiert hatten, wechselten nun die Plattform. Die „Halo“-Entwickler Bungie zum Beispiel entwickelten in den neunziger Jahren ausschließlich Mac-Spiele, bis sie sich der Xbox zuwandten. Weil die professionelle Spieleindustrie dem Mac als Spieleplattform geschlossen den Rücken kehrte, machten sich findige Heimprogrammierer daran, ihre Lieblingsspiele für den Mac zu portieren und im Internet als Freeware anzubieten. Das fing bei Kartenspielumsetzungen und Klassikern wie „Arkanoid“ an und schließt heute sogar so umfangreiche Spielewelten wie die des Online-Games „Clanlord“ ein. Doch nicht nur selbst programmierte Freeware macht aus dem Apple-Computer ein Spielgerät. Neben mehr oder weniger legalen Fanportierungen von PC-Klassikern wie der „Ultima“-Reihe, die auf dem Mac „Exult“ heißt, gibt es auch zahlreiche Emulatoren für den Mac. Der Klassiker Mame ist dabei genauso vertreten wie Emulatoren für sämtliche Konsolen und sogar ganze Betriebssysteme. Als erste Adresse im Netz sei jedem www.macupdate.com empfohlen. In einer tagesaktuellen Datenbank wird wirklich jede für das Apple-Betriebssystem erscheinende Software aufgeführt und beschrieben. Wirklich umfangreiche Games wie „Doom 3“ findet man dort natürlich nicht. Da braucht es schon Publisher wie Aspyre, die sich der Software-Portierung im großen Stil annehmen. Wie kompliziert ist es eigentlich, aus einem PC- oder Konsolenspiel ein Mac-Spiel zu machen? Die größte Herausforderung liegt in der Portierung der Engine. Ist die aber einmal umgewandelt (zum Beispiel die „Unreal“-Engine), wird es viel einfacher, Spiele, die auf derselben Engine basieren, zu portieren. Am einfachsten sind Portierungen von PC- und Xbox-Spielen. Bei einem PS2- oder Gamecube-Spiel wird es da schon etwas komplizierter. Hat denn Steve Jobs nach wie vor etwas dagegen, wenn Spiele auf seinen Computern laufen? Oder hat er ein Einsehen? Seitens Apple gibt es keinerlei Beschränkungen mehr, wie und von wem Spiele für den Mac produziert werden. Und das ist großartig. Denn man sieht jetzt schon, wie die Zahl auch kleiner Entwickler für den Mac steigt. Beim momentanen Erfolg von Apple besteht auch eine realistische Chance, die Spieleentwicklung für den Mac sehr rentabel zu machen Der Mac Mini könnte rein optisch auch als Konsole durchgehen. Zufall? Zuallererst will Steve Jobs mit dem Mini-Mac die PC-User begeistern. Und hat Apple erst einmal seinen Marktanteil erhöht, wird es spannend, was noch so alles aus dem Mini werden kann. Es wird zum Beispiel spekuliert, dass aus dem Mac Mini in Zukunft so etwas wie ein Multimediacenter wird – und das könnte dann ja hoffentlich auch so etwas wie eine neue Konsole heißen. Meiner Meinung nach jedenfalls könnte der Mac Mini eine hervorragende Spielemaschine abgeben. Und tatsächlich – eigentlich müssten Apple-Computer ein Paradies für Spiele-Entwickler sein. Schließlich gibt es hier kaum Unwägbarkeiten. Während PCs mit ihren verschiedenen Grafik-, Video- und Soundkarten eine unendliche Menge verschiedene Hardware-Kwonstellationen ergeben, auf denen das Spiel trotz aller Unterschiede in der Leistung laufen muss, gibt es in Macs fast nur Konstanten. Und so müsste das Entwickeln für einen Mac eigentlich ein bisschen sein wie für eine Konsole. Umso überraschender ist die Performance der bisher portierten Spiele. Denn problemlos laufen diese noch lange nicht. Während sich „Sim City 4“ auf dem neuesten iMac G5 absolut problemlos spielt, wird die Städtebausimulation auf einem neuen iBook, selbst mit G4, durch Ruckeln zu einer unspielbaren Zumutung. Selbst dann noch, wenn man die grafischen Details auf ein Minimum reduziert hat. Dabei sollte doch eigentlich bei jedem Spiel vor der Installation ein kleines Menü aufploppen, in dem man seinen Rechner auswählen kann. „iBook G3, 900 MHz“ zum Beispiel, oder „Powermac G5, Dual 2,5 GHz“. Und dann müsste das Spiel einwandfrei laufen, auf beiden Rechnern. Ohne Ruckeln, ohne Probleme. Schließlich ist es dieses Plug-and-Play-Prinzip, das die Macs bei ihren Fans so beliebt gemacht hat. Und es ist genau diese Benutzerfreundlichkeit, die einen Apple-Computer und eine Konsole verbinden. Bis es so weit ist, freuen wir uns trotzdem, dass wir für „Doom 3“ nicht mehr den PC anschmeißen müssen. Text: Thilo Mischke
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von Volker Hansch / April 10th, 2005 /

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