Fit durch Games

Fit durch Games

Noch nie haben uns Spiele so bewegt wie heute. "Eyetoy" und Wii verlangen vollen Körpereinsatz, "Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging" und Co trainieren unseren Geist – und sogar Ärzte empfehlen Games als Fitmacher. Ein Trend im Überblick

Körperliche Fitness: Tanzmatten gegen Übergewicht, Games statt Gymnastik, Computerspiele als "Rehabilitainment" - so macht Spielen uns gesünder

Wie würde wohl ein Fitnesstrainer gucken, wenn man ihm sagen würde, dass man den ganzen Abend vor der Konsole geschwitzt hat? Oder ein Hausarzt, den man bittet, einem gegen die lästigen Rückenschmerzen ein Computerspiel zu verschreiben? Wahrscheinlich würden beide nur besorgt die Stirn runzeln. Für viele Menschen steht immer noch fest: Computerspiele können nur ungesund für den Körper sein. Denn sie machen dick und träge, weil sie uns vor den Fernseher bannen und so davon abhalten, uns zu bewegen. Von wegen! Dass Computerspiele mit den richtigen Controllern dran zur Leibesertüchtigung taugen, ist spätestens seit dem großen Erfolg von Nintendos Wii-Konsole unübersehbar. Ihr "Wiimote"-Controller verlangt bei einer Partie Golf, Bowling oder Tennis vollen Körpereinsatz. So wurde der vorher für viele noch recht exotische Dreh, Spiele durch Bewegungen auf der Tanzmatte oder vor der Eyetoy-Kamera zu steuern, zur heißesten Idee der neuen Konsolengeneration. Langsam findet dieses Konzept auch bei offiziellen Stellen Gehör. In den USA wurden Games gerade Teil der "Nationalen Initiative zur Prävention von Fettleibigkeit durch Spielen". Forscher setzen das Playstation-Spiel "Dance Dance Revolution" an Schulen ein, um die grassierende Übergewichtigkeit bei amerikanischen Sieben- bis Zwölfjährigen einzudämmen. Mit Erfolg! Es zeigte sich, dass mit dem Game, das über eine Tanzmatte gesteuert wird, auf der der Spieler eifrig herumhopst, selbst notorische Sportverweigerer zur freiwilligen Leibesertüchtigung bewegt werden können. Bereits bei einer täglichen Spielzeit von 30 Minuten an fünf Tagen der Woche kann so die Gewichtszunahme der Kinder gestoppt werden. Und das Beste: Das regelmäßige Spielen wirkt nicht nur gegen Übergewicht und verringert damit das Risiko von Diabetes und Herzkrankheiten, sondern erhöht auch die allgemeine körperliche Leistungs- und Koordinationsfähigkeit der Kinder und ihr Interesse an anderen physischen Tätigkeiten. Die Untersuchung war sogar so erfolgreich, dass die Regierung West Virginias beschloss, alle öffentlichen Schulen des Bundesstaates mit dem Tanzspiel auszustatten. Doch nicht nur bei der allgemeinen Fitness wurden Games als spaßbringende Helfer aus-gemacht. Selbst in der Behandlung nach schweren Krankheiten, Unfällen und Operationen tun sich durch Games ganz neue Möglichkeiten auf. "Rehabilitainment-Games" heißt dieser neue Trend. Im Zuge des gleichnamigen Projektes stattete der Spielhersteller Namco mehr als 120 japanische Kliniken und Krankenpflegeeinrichtungen mit Videospielautomaten wie dem Fahrradsimulator "Propcycle" oder dem über große Trommeln gesteuerten "Taiko Drum Master" aus. So sollen die Patienten spielend genesen. Doch nicht nur in Japan vertrauen ärzte und Wissenschaftler auf die heilsame Wirkung von Games. Auch an der University of Southern California haben sich digitale Spiele als Rehabilitationsmaßnahme bewährt. Dr. Skip Rizzo setzt hier Computerspiele in Virtual-Reality-Umgebungen ein, um Reha-Patienten dazu zu motivieren, auch ermüdende Übungen, die immer wieder monoton wiederholt werden müssen, durchzuhalten. So wird zum Beispiel eine Aufgabe, bei der man immer wieder sinnentleert die Arme vor sich ausstrecken muss, per Virtual-Reality-Brille zu einem Spiel, in dem man per Datenhandschuh schwebende Bälle in einem virtuellen Raum umordnen muss. Jedem, der schon einmal "Zoo Keeper" gespielt hat, dürfte klar sein, dass durch solche Maßnahmen die Lust des Patienten am Training eventuell viel länger anhält. So sehr Games also noch in der breiten Bevölkerung als ungesund verschrien sind, viele ärzte sehen das mittlerweile anders. Und auch so mancher Sportlehrer würde sicher er-staunt die Braue lüpfen, wenn er sehen könnte, wie seine lustlosesten Schüler auf einmal mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht vor der Wii ins Schwitzen geraten. Ob Games den Lieblingsjoggingparcours durch das nahe gelegene Wäldchen oder die Federball-Partie mit Freunden im Stadtpark ersetzen können, steht hier natürlich nicht zur Debatte. Doch immer mehr Games machen uns Spaß an Bewegung und tragen so zu unserem körperlichen Wohlbefinden bei. Und selbst der Gedanke an einen Arzt, der uns statt Medikamenten einfach ein Computerspiel verschreibt, ist gar nicht mehr so abwegig: Im "Game Prescription"-Projekt der japanischen Universität von Waseda wird zurzeit untersucht, ob bestimmte Games bei der Behandlung von Erkrankungen hilfreich sein könnten - und ob es Sinn hat, diese ärztlich zu verordnen. Die sechs rezeptfrei erhältlichen Games in der rechten Spalte empfehlen wir übrigens uneingeschränkt fürs tägliche Training.

Games, die uns fit machen

Für mehr Ausdauer Eyetoy: Play Sports (PS2): In diesem Eyetoy-Spiel wird nach Herzenslust um die Wette ge-rudert und gefochten, gegen Sandsäcke geboxt, geschwommen, Tennis-Doppel gespielt und vieles mehr - natürlich immer mit vollem Körpereinsatz. Für kräftige Arme Wii Sports (Wii): Seit Nintendos "Wiimote"-Steuerung ist endgültig Schluss mit Däumchendrehen beim Spielen: Wer in "Wii Sports" beim Tennis, Baseball, Golfen, Bowlen und Boxen punkten will, muss seinen ganzen Oberkörper in Bewegung setzen. Achtung: Tennisarm nicht ausgeschlossen. Zum Abnehmen Dance Dance Revolution (fast alle Systeme): Ein schweißtreibendes Musikspiel, in dem der Spieler im Rhythmus von Pop-Hits auf einer Tanzmatte mit den Füßen die richtigen Felder treffen muss, ohne sich die Beine zu verknoten. Der Clou: Das Programm errechnet sogar die beim Spielen verbrannten Kalorien. Für Trainingsmuffel EyeToy: Kinetic (PS2): Kein Partyspiel, sondern ein virtueller Personal Trainer, der den Spieler anleitet. Im Programm: Übungen, die Anleihen bei Yoga, Tai Chi, Pilates und Kampf-sportbewegungen machen. Dabei vermerkt das Spiel selbstständig Trainingsfortschritte und vereinbart feste Übungstermine. Hält man sich nicht daran, wird man im Trainingsplan zurückgestuft. Zur Auflockerung Dokodemo Yoga (DS): Ein bisher leider nur in Japan erhältliches Trainingsprogramm für Yoga-Neulinge, das als DS-Spiel handlicher ist als eine zusammengerollte Yoga-Matte. Der Spieler kann zwischen verschiedenen Kursen mit Trainingszielen wie "Stressabbau" oder "Lockerung einer steifen Schulter" wählen. Für bessere Ernährung GTA San Andreas (PC, PS2, Xbox): Das Gangster-Spiel zeigt sich in puncto Ernährungserziehung vorbildlich: Der Protagonist Carl Johnson wird dicker und langsamer, je mehr Fast Food er anstelle gesunder Salate zu sich nimmt. Die überschüssigen Pfunde muss er anschließend mit Fahrradfahren oder Hanteltraining wieder runterschwitzen.

Geistige Fitness: Spätestens seit "Gehirn-Jogging" steht fest: Spiele sind ein prima Trimm-dich-Pfad für den Kopf. Doch sie können unserer Psyche auch anders gut tun

Im Sommer 2006 geschah etwas Eigenartiges in der Welt der Videospiele: Aus Japan kam ein Spiel für den Nintendo DS, das so ziemlich jedem ungeschriebenen Gesetz für gutes Gamedesign widersprach: Es sah langweilig aus, machte eigentlich mehr Arbeit als Spaß und: Man sollte es nur ein paar Minuten am Tag spielen. Und doch wurde die Denkspiel-Sammlung "Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging" zu einem echten Systemseller für den DS. Millionen Menschen, Gamer ebenso wie ältere Menschen, die sich sonst keine Spur für Videospiele interessierten, wollen auf einmal mithilfe des "Gehirn-Joggings" ihre geistige Fitness wieder auf Vordermann bringen. Alle wollen sich schlau spielen. Auch die Medizin hat Videospiele zur Verbesserung bestimmter geistiger Fähigkeiten für sich entdeckt - vor allem im Bereich von Hand-Augen-Koordination und der Wahrnehmung virtueller 3D-Welten schärfen Games offenbar den Verstand ihrer Spieler. So wurde in einer Studie der Iowa State University beobachtet, dass etwa Chirurgen, die regelmäßig Computerspiele spielten, bei laparoskopischen Eingriffen - bei denen eine Kamera durch das Körperinnere eines Patienten manövriert werden muss - um 37 Prozent weniger Fehler machten als ihre nicht spielenden Kol-legen und dabei auch noch im Schnitt um 27 Prozent schneller arbeiteten. Auch die Fähigkeit, Dinge zu erkennen und sich einen schnellen Überblick zu verschaffen, wird offenbar durch bestimmte Computerspiele gefördert. So stellten Wissenschaftler der University of Rochester in Großbritannien fest, dass Leute, die Egoshooter wie "Unreal Tournament" spielen, zielsicherer Figuren aus einem Wirrwarr von Symbolen heraus erkennen konnten. Egoshooter treiben dieser Untersuchung zufolge die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit an ihre Leistungsgrenzen und sorgen so für ihre Weiterentwicklung. Selbst bei schweren Krankheiten werden heute Computerspiele als Heilungshelfer eingesetzt. Etwa, wenn es darum geht, die Selbstheilkräfte von Krebspatienten zu mobilisieren: Das Spiel "Re-Mission" beispielsweise soll Krebspatienten helfen, den inneren Kampf gegen ihre Krankheit zu gewinnen. Der Shooter, in dem man als eine Art Nanobot bösartige Krebszellen im Körperinneren erledigt, wurde von Gamedesignern und Medizinern gemeinsam entwickelt. Mithilfe des Spiels sollen die Patienten ein stärkeres Gefühl von Kontrolle über ihre Krankheit entwickeln. Doch auch in weit weniger dramatischen Fällen lernen Mediziner immer mehr, sich positive psychische Effekte von Computerspielen zunutze zu machen: So setzt etwa Dr. Anuradha Patel von der Universität New Jersey bei jungen Patienten Gameboy-Spiele zum Abbau von Stress vor Operationen ein. Mit erstaunlichem Erfolg - die Kinder nehmen die Anästhesierung gelassen hin und schlafen spielend ein, ohne dem Geschehen um sie herum allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Forscher der Universität Zürich haben außerdem gerade bewiesen, dass Games prima bei be-stimmten Psychotherapien helfen können: Sie entwickelten eine Art Point-&-Click-Adventure, das in der Verhaltenstherapie Acht- bis Zwölfjähriger eingesetzt werden kann. Kinder, die De---pres--sionen, ängste oder aggressives Verhalten an den Tag legen, haben nämlich häufig große Schwierigkeiten damit, Gefühle von Gedanken zu unterscheiden und ihr Verhalten beeinträchtigende Gedanken (etwa: "Ich schaffe das eh nicht!") zugunsten hilfreicherer Ge-danken beiseite zu schieben. In Adventure "Das Zauberschloss" lernen sie dies in spiele-rischer Form: Um Nachfolger eines großen Zauberers zu werden, müssen sie in dessen Schloss Auf-gaben bestehen, die der Zauberer ihnen stellt. Die Aufgaben drehen sich stets um Gefühle und hilfreiche beziehungsweise hemmende Gedanken: So muss der Spieler etwa in einem Raum umherschwebende Geister danach unterscheiden, ob auf ihnen die Bezeichnung für ein Gefühl oder für einen Gedanken geschrieben steht. Die positiven Effekte bestimmter Computerspiele auf die psychische Gesundheit ihrer Spieler beschränken sich natürlich nicht auf junge Menschen. An der University of North Carolina arbeitet derzeit etwa ein Forscherteam an einem Spiel, das dem Abbau kognitiver Kontrolle im hohen Alter entgegenwirken soll. In "Art Dealer", so der Titel des Spiels, werden Senioren aufgefordert, sich als virtuelle Kunsthändler zu betätigen und Gemälde zu kaufen und ver-kaufen. Hierbei ist allerdings besondere Aufmerksamkeit und Wahrnehmungsgenauigkeit gefordert, um Fälschungen von Originalkunstwerken zu unterschieden. Studien mit Seni-o-ren-gruppen konnten klare positive Auswirkungen von "Art Dealer" auf Wahrnehmungs- und Merkfähigkeiten alter Menschen nachweisen.Aber vielleicht wird dieses Spiel ja bald schon gar nicht mehr nötig sein. Denn Schlauspiel-Games wie die sechs zur Rechten halten schon jetzt die Gehirne Millionen junger und alter Gamer fit - quasi prophylaktisch.

Games, die uns schlau machen

Für das tägliche Gehirntraining Dr. Kawashima's Gehirn-Jogging (DS): Mit diesem Spiel, das unter der Anleitung des japanischen Neurologen Dr. Ryuta Kawashima entwickelt wurde, fing der Hirnspiel-Hype an. Den Spieler erwarten Gedächtnistests, Konzentrationsübungen, Kopfrechnen und weitere Denksportaufgaben. Für das analytisch-systematische Denken Carol Vorderman's Sudoku (PS2): Die Zahlenrätsel erfreuen sich noch immer großer Beliebtheit. Sie schulen den analytisch-systematischen Umgang mit Hypothesen und Kombinationsverfahren. Carol Vorderman, britische Showmasterin und Sudoku-Expertin, trainiert in diesem Spiel auch den ungeübten Zahlenjongleur bis zum Sudoku-Meister. Für das räumliche Vorstellungsvermögen PQ - Practical Intelligence Quotient (PSP): Der Spieler muss Boxen auf einer Spielfläche verschieben, Laserbarrieren meiden und aus einem Fahrtreppenwirrwarr herausfinden, um seinen Weg durch die vertrackten Level zu finden. Sein Erfolg wird zu seinem "praktischen IQ" verrechnet. Für ein besseres Gedächtnis The Professor's Brain Training: Memory (DS): Auf den ersten Blick nur ein weiterer "Gehirn-Jogging"-Rip-off, konzentriert sich dieses Gehirntraining hauptsächlich auf die Förderung des Gedächtnisses seiner Spieler: Fußend auf den Forschungsergebnissen des japanischen Forschers Makoto Shichida sollen die Übungen gezielt dazu beitragen, ungenutzte Areale der dafür zuständigen rechten Hirnhälfte des Spielers zu mobilisieren. Für das Allgemeinwissen Buzz! Das Mega-Quiz (PS2): Bis zu acht Spieler müssen hier in einer virtuellen Fernsehshow unter Zeitdruck Fragen aus Wissens-bereichen von Fernsehen und Filmen über Musik und Sport bis hin zu Wissenschaft und Natur beantworten. Wer bei den insgesamt 5000 Fragen nichts dazulernt, ist ein Genie - oder selber schuld. Für den intellektuellen Wettstreit Big Brain Academy (DS): In den Be-reichen visuelle Intelligenz, Algebra, Analyse, Erinnerungsvermögen und Logik muss der Spieler hier Denkaufgaben meistern. Neu ist daran, dass er gegen bis zu acht Freunde im Netzwerk antreten und um die Wette rätseln kann. Text: Danny Kringiel, Illustration: ITF Grafik Design
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von Volker Hansch / Juni 10th, 2007 / 1 Kommentar

1 Kommentar

  1. Sarah sagt:

    Hallo,

    ein Tennisarm ist nichts schönes! Hatte auch sehr lange Schmerzen im rechten Arm. Wollte es nicht mit Spritzen probieren. Glücklicher war ich mit TENS und Krankengymnastik, das klappte ganz gut. Ist zwar immer noch keine Wunderheilung, aber besser als eine Spritze meiner Meinung nach. Zum Testen ist es auf jeden Fall empfehlenswert.

    Bye, Sarah