Glücksbringer
Wie kein anderes Medium geben uns gute Videospiele ein einzigartiges Gefühl von Glück und Befriedigung. Aber wie schaffen sie das eigentlich? Wir haben zehn Entwickler gebeten, uns ihre geheimen Tricks zu verraten
Vervielfache die Punktezahlen!
Sidhu Sukhbir, Popcap, Gamedesigner von „Peggle“
„Spieler können gar nicht genug Punkte bekommen. Wir haben einmal einen Test gemacht und zwei Gruppen von Spielern haargenau dasselbe Game vorgesetzt. Mit einem kleinen Unterschied: Die eine Gruppe wurde für dieselben Aktionen mit einem wesentlich höheren Score belohnt. Das Ergebnis: Diese Leute fühlten sich beim Spielen nicht nur glücklicher, sie fanden das Game auch erheblich toller!“
Erwecke die Welt zum Leben!
Kyle Gabler, 2D Boy, Entwickler von „World Of Goo“
„Nur wenn die Spielfiguren und Kulissen lebendig wirken, fühlen wir uns wirklich mit ihnen verbunden. In meinem Spiel‚World Of Goo‘ schauen die Schleimbällchen den Spieler mit großen Kulleraugen an und blinzeln ihm zu. Nimmt er eines von ihnen auf, quiekt es, und beim Fallenlassen ertönt ein Kreischen. So entwickelt der Spieler ein persönliches Verhältnis zu den Viechern und will sie beschützen. Er fühlt sich gut, wenn es ihnen gut geht. Soziopathische Gamer werden dadurch natürlich besonders animiert, alle zu töten.“
Verteile Belohnungen!
Jesse Abney, EA, Producer von „Need For Speed: Shift“
„Lob macht glücklich, im richtigen Leben wie im Spiel. Wir belohnen den Spieler deshalb für alles, was er macht. Egal, ob der Spieler in ‚Need For Speed’ aggressiv fährt oder die Kurven mit emotionsloser Präzision angeht: Sofern er es nur ein wenig richtig macht, klopfen wir ihm auf die Schulter und überhäufen ihn mit Punkten, Autos und Strecken.“
Lass den Spieler nicht sterben!
Patrice Désilets, Ubi Soft, Creative Director „Prince Of Persia: Sands Of Time“
„In meinen Spielen soll der Spieler ein Gefühl von Macht erleben. Damit ihm das auch Spaß macht, versuche ich, nicht zu streng mit ihm zu sein. Wer etwas ausprobiert und dabei scheitert, darf dafür nie bestraft werden. Deshalb lasse ich den Spieler in‚ Prince Of Persia: Sands Of Time‘ nicht sterben. Beim Verlust der Lebensenergie wird einfach die Zeit zurückgespult, und der Spieler erlebt die Geschichte noch einmal und kann es dann besser machen.“
Nenne den Spieler beim Namen!
David Tillotson, Codemasters, Game Designer „Colin McRae Dirt 2“
„Rennspiele sind oft ziemlich unpersönlich. Deswegen sprechen die Charaktere in ‚Colin McRae Dirt 2‘ den Spieler immer mit seinem Namen an. Und zwar nicht nur in eingeblendeten Texten, sondern auch per Sprachsynthese in den gesprochenen Dialogen. Wenn dem Spieler jemand nach dem Rennen persönlich gratuliert, freut er sich erheblich mehr über den Sieg und ist ganz beglückt.“
Treibe den Spieler bis an die Grenze!
Bryan Walker, Retro Studios, Senior Producer „Metroid Prime 3: Corruption“
„Das Glücksgefühl nach dem Sieg über einen Gegner ist am größten, wenn der Spieler dafür bis an seine Leistungsgrenze gehen musste. Gibt sich ein Endboss bereits beim zweiten Treffer geschlagen, ist die Begeisterung nicht sonderlich groß. Dasselbe natürlich auch, wenn der Spieler dafür geschlagene acht Anläufe gebraucht hat. Er fühlt sich aber äußerst gut, wenn er den Endgegner beim ersten Anlauf meistert – dafür aber alles an Können und Munition aufbringen muss und gerade noch mit dem letzten Fitzel Lebensenergie durchkommt.“
Lass andere für den Spieler arbeiten!
Benedikt Grindel, Blue Byte, Producer „Die Siedler 7“
„Damit der Spieler glücklich wird, erfüllen wir ihm einen Traum: Alle Figuren im Spiel arbeiten nur für ihn. Ohne Pause und Beschwerden. Je mehr Arbeit der Spieler verteilt, desto mehr wird erledigt. Damit dieses Machtgefühl auch richtig ausgekostet werden kann, lassen wir ihn das Geschehen sowohl aus der Entfernung betrachten, um die schiere Masse an Arbeitern zu bewundern, als auch ganz nah ranzoomen, sodass die Schweißperlen jeder einzelnen Figur zu sehen sind.“
Stelle möglichst viele Schränke auf!
Jan Müller-Michaelis, Daedalic, Creative Director „The Whispered World“
„Betritt der Spieler einen Raum mit verschlossenen Schränken, weiß er genau: Hier versteckt sich bestimmt ein Item. Besonders gut eignen sich Küchenschränke, Besenkammern oder Kommoden. Ich träume davon, einmal einen Kühlschrank mit Gefrierfach einzubauen. Das wäre dann ein Schrank im Schrank. Natürlich könnte man das Item auch direkt in den Raum legen. Aber durch die Anwesenheit von Schranktüren erhöht sich die Vorfreude darauf. Wie groß der Effekt wirklich ist, weiß ich aber eigentlich gar nicht – vielleicht machen Schränke auch nur mich selbst glücklich.“
Ahne Gefühle voraus!
Uwe Beneke, Yager Development, Director eines neuen 2K-Spiels
„In vielen Spielsituationen ist es möglich, die emotionale Reaktion des Spielers vorauszuahnen. Gibt dann die Spielfigur einen passenden Spruch von sich, entsteht ein Gefühl von Einklang und Glück. Das passiert etwa, wenn der Spieler in ‚GTA IV‘ versehentlich einen Fußgänger überfährt und der sarkastische Kommentar ‚Life is tough!‘ zu hören ist. Oder wenn er in einem Rennspiel vor der Ziellinie Kopf an Kopf mit einem Konkurrenten liegt, das Gaspedal durchtritt und dann die Spielfigur quasi mit der eigenen Stimme ‚Komm komm komm ...!‘ ruft.“
Erzeuge Euphorie durch Klang!
Jason Kapalka, Popcap, Game Designer „Bejeweled“
„Der folgende Trick ist simpel, funktioniert jedoch in vielen unserer Games: Wenn der Spieler eine Combo hinlegt, also etwa eine Juwelenreihe nach der anderen in ‚Bejeweled‘ abräumt, erklingt ein Soundeffekt, der immer höher und höher abgespielt wird. Dieses ‚Bing, Biiing, Biiiiiiiiing!‘ erzeugt Spannung, Euphorie und schließlich eine immense innere Befriedigung.“
„Das können nur Videospiele“
„Keine Kommentare über seine Frisur“, lautete die Anweisung vor dem Interview mit „Super Mario“-Erfinder Shigeru Miyamoto in Paris. Dabei passt sie exzellent zum Thema. Denn mit seinem Prinz--Eisenherz-Schnitt sieht er wie ein wahrer Glücksritter aus
Herr Miyamoto, kaum eine Firma schafft es wie Nintendo, dass der Spieler sich beim Spielen so wohl und zufrieden fühlt. Wie erreichen Sie dieses Gefühl?
Da gibt es keinen speziellen Trick. Damit sich der Spieler glücklich fühlen kann, muss aber zuallererst ich selbst glücklich sein. Das passiert immer dann, wenn ich in meinen Videospielen etwas erreiche, das noch nie zuvor realisiert wurde. Auf dem Weg dahin gibt es viele Fehlversuche, aber wenn es funktioniert, fühle ich mich gut und bin sicher, dass es dem Spieler genauso geht, wenn er die neuen Möglichkeiten entdeckt.
In welcher Form planen Sie voraus, was der Spieler in bestimmten Szenen eines Spiels fühlen soll?
Zunächst findet alles in meinem Kopf statt. Wenn ein Spiel in einem Prototypen realisiert wird, habe ich viele Eventualitäten bereits ausgeschlossen. Trotzdem schaue ich Menschen gerne über die Schulter, wenn sie ein Spiel ausprobieren, um mitzubekommen, an welchen Stellen sie lachen oder verärgert sind. Wenn ich unter Zeitdruck stehe, nehme ich die Testversion mit nach Hause und lasse meine Frau probespielen.
Welche anderen Gefühle kann das Medium Videospiel besonders gut beim Spieler hervorrufen?
Das ist eine schwierige Frage. Videospiele können einem etwas für das Leben beibringen. Und zwar, dass wir für unser gesamtes Handeln und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, verantwortlich sind. Das können nur Videospiele, denn sie bieten dem Spieler verschiedene Möglichkeiten. In meinem Spiel „Pikmin“ etwa muss der Spieler auf einem Planeten kleine Wesen züchten und mit möglichst wenig Verlusten Ziele erreichen. Wenn einige Pikmin es nicht überleben, werde ich selbst ganz traurig, weil ich es hätte verhindern können. Ich möchte nicht, dass auch nur ein Pikmin stirbt.
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GEE 49
[…] zu einem Glück- und Befriedigungsgefühl zu verhelfen. Den Beitrag gibt es auch online. Siehe hier: GEE (Das Magazin lohnt sich m.E. übrigens.) Ich frage mich, ob und was man davon aufs Rollenspiel […]