Two Worlds 2
Hat das denn kein Entwickler durchgespielt? Das Open-World-Rollenspiel des polnischen Studios Reality Pump fängt richtig gut an, geht toll weiter – und lässt seine Spieler am Ende enttäuscht zurück
PS3 • XBox 360 • PC | Getestet PC | Entwickler Reality Pump | Publisher Zuxxez | Termin erschienen | Preis 40–60 Euro | USK 16 | Spieler 1-8
„Two Worlds 2“ beginnt mit einer faustdicken Überraschung. Bösewicht Gandohar hat sich zum Imperator über ganz Antaloor aufgeschwungen und hält den namenlosen Helden in den Verliesen von Schloss Vahkmaar gefangen. Damit das nicht so bleibt und das Abenteuer seinen Lauf nehmen kann, bekommt der Spieler Hilfe von gänzlich unerwarteter Seite: Ausgerechnet ein Trupp Orks befreit ihn aus dem Kerker.
In der Singleplayer-Kampagne sucht der Spieler anschließend gemeinsam mit seinen neuen Verbündeten nach einem Weg, den Tyrannen zu stürzen. Dieser Weg führt ihn durch eine rund 80 Quadratkilometer große Inselwelt, die er zu Fuß, mit dem Pferd oder sogar in einem kleinen Segelboot erkundet. Von einer weitläufigen Savanne geht es im zweiten Akt auf das tropische Eiland Eollas, weißgetünchte Häuser weichen Gebäuden im asiatischen Baustil, statt Kaftans tragen deren Bewohner Kimonos. Auch die zahlreichen Quests abseits des Hauptstrangs der Geschichte sind abwechslungsreich, Auftraggeber finden sich in den Gilden Antaloors und unter der Bevölkerung der Inseln. Für die Vertonung der Dialoge hat Publisher Zuxxez eine Reihe hervorragender Synchronsprecher engagiert, dem Protagonisten etwa leiht Dietmar Wunder seine ansonsten für Daniel Craig oder Adam Sandler gebuchte Stimme. Und dank guter Autoren hat er auch etwas zu sagen. Er flirtet beispielsweise heftig mit einer attraktiven Halbork-Assassinin oder denkt laut darüber nach, unbedingt etwas gegen sein Helfersyndrom unternehmen zu müssen, wenn der Spieler mal wieder einen Auftrag annimmt, der so gar nichts mit dem großen Ziel zu tun hat.
Den Preis für so manche schlagfertige Antwort des Helden bezahlt der Spieler allerdings in Form von wenig Entscheidungsfreiheit: Die Story verläuft linear, neue Areale werden oft erst freigeschaltet, wenn eine entsprechende Mission angenommen wurde. Das geht aber in Ordnung, steht „Two Worlds 2“ damit doch ganz in der Tradition von Action-Rollenspielen wie „Diablo“. Zumal die Action alles andere als zu kurz kommt. Und das Kampfsystem ist richtig gut: Mausklicks im richtigen, von den verwendeten Waffen abhängigen Takt lassen Schlagcombos flüssig ablaufen, und zwischendurch kann der Spieler per Tastendruck Spezialattacken einsetzen, um etwa die Verteidigung der Widersacher zu durchbrechen oder per Rundumschlag ganze Gegnergruppen anzugreifen. Mit den gesammelten Erfahrungspunkten steigt er im Laufe des Spiels rund 40 Stufen auf, verbessert vier Hauptattribute, über 50 Skills und damit seine Fähigkeiten als Kämpfer oder Magier. Er braut als Alchimist Tränke aus allerlei Zutaten oder knackt als Dieb jedes noch so stabile Schloss. Wer sein Geld lieber auf legalem Weg verdienen will, nimmt an Pferderennen teil oder musiziert in einem an „Guitar Hero“ angelehnten Minigame vor Publikum.
Der Held hat also alle Hände voll zu tun in Antaloor, zumal es neben der Kampagne auch einen Multiplayer-Modus gibt, in dem bis zu acht Spieler kooperativ in kleinen Abenteuer-Episoden oder gegeneinander in Deathmatches antreten können. Dennoch bleibt am Ende ein fader Beigeschmack. Denn von der vermeintlichen Hauptinsel Eikronas, die als Schauplatz des letzten Aktes der Kampagne dient und das ganze Spiel über verheißungsvoll im Zentrum der Landkarte auf ihre Erforschung wartet, bekommt man im Finale nur zwei verhältnismäßig kleine, durch steile Klippen begrenzte Areale zu sehen. Zwar kann man sich mithilfe eines selbstgebrauten „Trankes der Sieben Sprünge“ über diese unerwarteten Grenzen hinwegsetzen, doch dann wandelt man kilometerweit durch eine völlig ausgestorbene Wald- und Hügellandschaft. Und so endet „Two Worlds 2“ auch mit einer faustdicken Überraschung – leider mit einer, auf die man getrost verzichten könnte.
Für Freunde von „Gothic“, „Risen“, „The Elder Scrolls IV: Oblivion“
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