Dragon Age II

Dragon Age II

Auf Worte sollten Taten folgen. So wie in „Dragon Age II“. Das Spiel setzt zwar auf dialogbereite Helden statt auf grobschlächtige Muskelprotze. Aber Monstern und Gesindel ist mit den Waffen der Diplomatie nicht immer beizukommen PS3 • XBox 360 • PC | Getestet Xbox 360 | Entwickler Bioware | Publisher EA | Termin 10. März 2011 | Preis 50–60 Euro | USK 18 | Spieler 1 Die Anklage der Frau trifft Hawke unvorbereitet. „Wie könnt ihr einen der Euren töten, nur weil er sich den Templern widersetzt hat?“ Sie ist eine der freien Zauberer, die sich in einer Höhle versteckt halten, unten bei der Verwundeten Küste. Seit sie aus dem Zirkel der Magi ausgerissen sind, einer Erziehungs-einrichtung der fanatischen Templer, werden die Zauberer gejagt. Denn die Templer betrachten sie als tickende Zeitbomben. Hawke, der Held in Biowares „Dragon Age 2“, hat zusammen mit seinen Gefährten die Magier in deren Höhlenversteck ausfindig gemacht, um sie vor den nahenden Templern zu warnen. Doch der Anführer der Flüchtlinge, ein Blutmagier namens Decimus, musste sie ja unbedingt angreifen. Als sie sich verteidigten, haben sie ihn getötet. Vielleicht sind diese Magier doch gefährlich? Was also tun mit den Flüchtlingen, mit der Frau, deren Stimme zittert vor Trauer und Wut? Freilassen und damit den Zorn der Templer und unserer Gefährtin, der rechtschaffenen Kriegerin Aveline, auf sich ziehen? Oder bei den Templern abliefern, und damit die eigenen Ideale und die des Heilers Anders verraten, der ja auch zu unserem Team gehört? Fragen über Fragen. Wie würden Sie entscheiden? In „Dragon Age 2“ wird die Entscheidungsfreiheit zum Spielprinzip erklärt. Der Spieler kämpft sich durch Dungeons, tötet Dämonen, Drachen, Zwergensöldner und religiöse Fanatiker – den bunten Abschaum von Biowares Fantasywelt. Den Hintergrund bildet eine in Rückblenden erzählte Er­löser­geschichte. Zeitlich ist sie direkt nach dem ersten Teil von „Dragon Age“ angesiedelt. Sie handelt von Hawke, dem Champion von Kirkwall, einer Stadt, die ihm nur widerwillig Zuflucht gewährte, als er vor der Dunklen Brut fliehen musste. Dort säumen himmelhohe Türme und Paläste die Straßen, die Kluft zwischen Arm und Reich ist groß, Amok laufende Blutmagier machen die Obrigkeit nervös. Und dann sind da noch diese unheimlichen Qunari, gehörnte Wesen, die in einem Armenviertel der Stadt darauf lauern, dass die Dinge endgültig aus dem Gleichgewicht geraten. Das Spiel kann mehr, als nur ein weiteres Mal das Märchen „Vom Tellerwäscher zum Drachenschlächter“ wiederzukäuen. Der Spieler muss regelmäßig Position beziehen, sich lieb Kind machen oder als Zyniker alle vor den Kopf stoßen. Im Fall der Zauberer im Höhlenversteck: Steht er ein für die Freiheit der Magier? Oder schlägt er sich auf die Seite der Templer, dieser wiedergeborenen Inquisitoren? Jede Entscheidung zieht Konsequenzen nach sich. Reden ist Silber, kämpfen Gold? Die Quests und Geschichten in „Dragon Age 2“ eröffnen sich in schicken Cut-Scenes und gut gesprochenen, interaktiven Dialogsequenzen. Gesteuert werden die Wortwechsel mit dem Dialograd, das verschiedene Antwortoptionen übersichtlich in Kreisform anordnet. Das hat sich bereits im Sci-Fi-Rollenspiel „Mass Effect“, dem Schwesterspiel von „Dragon Age“, bewährt. Der Ausgang eines entscheidenden Gesprächs ist oft ebenso spannend wie ein harter Fight. Doch „Dragon Age 2“ ist beleibe kein Textadventure, sondern bietet reichlich Kämpfe gegen eine Vielzahl von Gegnern. Womit wir noch einmal bei Decimus wären, in den Höhlen der Ausreißer. In seinem letzten Gefecht beschwor der ver­rück­te Magier Skelettkrieger. Es war ein Kampf gegen eine Übermacht, die mit Magie, Fern- wie Nahkampfwaffen von zwei Seiten angriff. Glücklicherweise hat das Spiel das Kampfsystem fast unverändert vom Vorgänger übernommen. Die Koordination von vier Kämpfern erfolgt problemlos, weil sich das Gefecht mit einem Knopfdruck pausieren lässt. Alles erstarrt in der Pose, und es bleibt Zeit, einen Schlachtplan zu entwerfen und zur Not einen Mana- oder Heiltrank einzunehmen. Geht es weiter, wirbeln Zauberstäbe wie Propeller, Schwerter werden elegant geschwungen, Schilde krachen in Gegnergruppen und schleudern sie meterweit nach hinten, gefiederte Bolzen bohren sich – zack, zack, zack – in Brustpanzer und bleiben stecken. Wer findet den Fehler? Die nach dem Kampf gewonnenen Erfahrungspunkte summieren sich zu den Rollenspiel-typischen Level-Aufstiegen. Jeder Charakter erhält Attributspunkte, um die Stärke, das Mana oder die Gesundheit aus­zubauen. Außerdem winken neue Fähigkeiten und Spezialisierungen. Das Menü zeigt sich aufgeräumt, erklärt den Effekt der Werte genauso wie die Hin­ter­grundgeschichte und ordnet neue Rüstungsteile und Waffen ein, die von Gegnern fallen gelassen werden. Leider sind die meisten Teile nur vom Helden benutzbar, dabei würde man so gerne die gesamte Crew immer wieder neu einkleiden. Alte Rollenspielrecken werden auch das fehlende Berufssystem vermissen. Rüstungs- und Waffen-Upgrades werden eingekauft, die Rohstoffe gefunden, aber nichts selbst verarbeitet. Und, um die doch eher kurze Mängelliste zu komplettieren: Es gibt zahlreiche Ladepausen. Sobald ein Gebiet verlassen oder ein Haus betreten wird, kann der Spieler getrost ein Salamibrot schmieren. Ansonsten ist „Dragon Age 2“ ein mitreißendes Rollenspiel, in dem dank der praktischen Weltkarte mit Questübersicht auch Rollenspielanfänger nicht die Orientierung verlieren. Die Geschichte ist facetten- und umfangreich, ein Gemengelage aus Politik und Krieg, ethni­schen und religiösen Konflikten, dem Streben nach Reichtum und Macht und einer Bedrohung, die sich erst nach und nach offenbart. Es ist ein nahezu perfektes Rollenspiel, an dem höchstens perfekte Rollenspieler etwas auszusetzen haben werden. Für Freunde von „The Elder Scrolls IV: Oblivion“, „Mass Effect“ Jetzt im GEE-Shop bestellen. [nggallery id=71]
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von Christian Neeb / März 10th, 2011 / 4 Kommentare

4 Kommentare

  1. TheOriginalDog sagt:

    Ich glaube das ist das erste GEE-Review, dem ich überhaupt nicht zustimmen kann. Ich weiß ihr neigt zur Lobhudelei und dafür mag ich euch auch so, aber DA 2 ist doch mal der totale Griff ins Klo.
    Hacknlay ähnliche Kloppe mit einer billigen, japanischen Ästhetik, gegen die ich an sich nichts hätte, aber einfach nicht zu Dragon Age passt.
    Und das hässliche HUD, die fehlende Immersion in die Spielewelt, der grottenschlechte Einstieg in das Spiel (noch nie hatte ich so wenig Lust ein Spiel weiterzuspielen, gott sei dank fängts sich dann langsam), und nicht zum schluss, die trockene langweilie Grafik lassen das Spiel einfach unfertig wirken.

    Mit doppelt so langer Entwicklungszeit wär das Spiel wahrscheinlich richtig gut geworden, aber so wirkt es wie billiger, unausgegorener Klumbatsch.

  2. Tim sagt:

    Hallo OriginalDog,

    an dem Spiel scheiden sich einfach die Geister. Ich mochte den ersten Teil der Serie sehr gerne, aber ich finde es absolut nicht verwerflich, das Spiel so zu verschlanken, wie es Bioware jetzt gemacht hat.

    Ich finde, die Kämpfe sind keineswegs Hack’n’Slay (übrigens ein Genre, das mich inzwischen sehr langweilt), sondern ab einer gewissen Schwierigkeitsstufe auch taktisch anspruchsvoll. Okay, sie sind schneller inszeniert, und man kann viel auf Auto-Bot laufen lassen, aber auch nur, wenn die Taktikfelder sinnvoll belegt wurden.

    Die Optik ist jetzt weder besonders gut noch besonders schlecht, sie ist zweckmäßig. Das HUD ist okay, großartig finde ich die Navigation in den Maps, das ist schon ziemlich schick gelöst.

    Die Immersion ist meines Erachtens auch da, allerdings haben mich die Ladepausen da doch sehr genervt. Und ich fand den Einstieg in den ersten Teil viel langsamer und langweiliger.

    Auch gab es im ersten Teil inmho mehr Fehler in der Programmierung. DA2 is halt echt kein klassisches Rollenspiel. Keine Ahnung, ob Bioware weiter in diese Richtung geht. Aber für mich war es echt ne feine Angelegenheit.

    Vor allem habe ich die Rolle gemocht, in die ich da hineingeschlüpft bin. Und die ganze Szenerie. Nicht dieses: Ich rette die Welt gegen das namenlose Böse, das einfach nur böse ist, so mirnixdirnix. Das habe ich schon tausendmal gemacht. Und hats was geholfen?

    LG

    Tim

  3. mh sagt:

    das prob bei dragon age 2 ist ja nun wahrlich nicht die inszenierung. ich mag das so, wie sie es gemacht haben. dadurch wird es actionreicher.

    die grafik mag nicht berauschend sein, aber der grafikstil ist ein echter gewinn. bei RPGs sind wir da doch seit jeher milde.

    was mich an dem spiel extrem stört, ist das dreiste und mE unverschämte copy n paste der locations. die stadt wird einfach als rechtfertigung dafür genommen, den spieler ständig durch die gleichen locations zu jagen und zwar ohne rücksicht auf verluste… es gibt eine höhle, es gibt ein freigelände, es gibt ein lagerhaus und es gibt die stadtteile. jede drecks nebenquest endet in der gleichen umgebung.

    und das 30h lang.

    durch die achievements hat man dann auch noch den anreiz rausgenommen das spiel mal wirklich auf hart durchzuspielen, was auch hart ist… man lenkt stattdessen den spieler dadurch zum einfachen oder mittleren schwierigkeitsgrad der sich dann wieder mehr auf die inszenierung der kämpfe konzentriert, da man auf andere dinge nicht achten muss. damit realisiert man auch weniger die immer gleiche umgebung.

    das ist mE absicht.

    gar nicht weiter entwickelt hat man sich bei den fähigkeiten. da reichen immer noch ein paar wenige um das spiel komplett zu spielen. daher brauchts in der konsolenversion auch nur sechs quickbuttons.

    und dazu kommt oben drauf, dass wenn man das spiel ein zweites mal spielt und sich dann bewusst anders entscheidet .. man bereits an die grenzen der freiheit gestoßen ist. in diesem moment wird einem die freiheit des handelns und der entscheidungen als illusion gewahr und ab dem moment wird das spiel für den spieler schlecht.

    es sind einzelne sätze, die eine andersartige entscheidung mit sich bringt. es sind ganz wenige szenen, an relativ wenigen schlüsselmomenten, an denen man die wenigen relevanten wirklichen entscheidung spürt.

    die story an sich lässt den spieler am ende auch nur im regen stehen. sie ist quasi als vorgeschichte inszeniert, was man dann aber erst merkt. damit zeichnet man den weg zum addon .. was aber bedeutet, dass die vorgeschichte länger ist als die hauptstory.

    das problem an dragon age ist, dass es kein schlechtes spiel ist .. es ist für bioware ein schlechtes spiel und es ist im vergleich zum vorgänger eine qualitätsstufe studie niedriger. im bereich der quests ist es gar 2 studen niedriger .. durch die immer gleichen locations.

    btw.: in dem spiel merkt man kein einziges mal, dass die kluft zwischen arm und reich groß ist .. weil man zwar am anfang beim gamlen wohnt.. schlussendlich aber jederzeit und immerfort in der oberstadt verweilt und dort sogar geschäften nachgeht. siehe mine.

    in der stadt mag das ja sein .. es gilt nur nicht für den spieler. der auch kaum was davon merkt, das die stadt ihn nur widerwillig wollte. das ist ne ganz kurze quest.

    mfg
    mh

  4. L0tek sagt:

    Dragon Age Origins kenne ich (nocht) nicht.
    Aber nach DAII bin ich fast schon süchtig. Natürlich hat es auch Schwächen, welches Spiel hat die nicht. Dennoch überwiegen für mich die Pluspunkte: tolle Atmosphäre, super Dialoge (hier kann ich nur die englische Originalvertonung empfehlen, die Stimmen passen hervorragend zu den Charkateren) und ein glaubwürdiges Beziehungsgeflecht der Partymitglieder, in welchem sich die Konflikte der Spielwelt glaubwürdig und häufig auch humorvoll widerspiegeln. Eines der Highlights des Spieles sind die verbalen Grabenkämpfe zwischen den einzelnen Mitgliedern der Truppe, wenn man das Gebiet wechselt bzw. eine Mission startet. Herrlich, wie sich Merill und Anders gegenseitig anmachen (obwohl beide Magier) oder Fenris (als Krieger) ständig die ihn umgebenden Magier disst. Sehr schöne, detaillierte Zeichnung der Charaktere, die natürlich in der Möglichkeit kulminiert, mit einigen der KameradInnen auch in die Falle hüpfen zu können (was ein entsprechendes, sich über etliche Dialoge hinziehendes Vorspiel voraussetzt).
    Das Game wird vermutlich viel zu schnell vorbei sein ;)