Civilization V

Civilization V

Seit fast zwanzig Jahren schreiben Spieler in der „Civilization”-Serie die Weltgeschichte neu. Der fünfte Teil der Reihe ersetzt Planquadrate durch Hexfelder und lässt uns vor Freude im Sechseck springen
PC | Entwickler Firaxis Games | 2K Games | Termin 24. September 2010 | Preis 45 - 50 Euro | USK 12 | Spieler 1 - 12
Dass die Erde keine Scheibe ist, gilt als erwiesen. Dass sie jetzt aber auch noch aus Sechsecken statt aus Quadraten bestehen soll – undenkbar! Schließlich hat doch Sid Meier in vier „Civilization“-Teilen seit 1991 gezeigt, dass die Besiedlung der Welt Planquadrat für Planquadrat abgelaufen ist. Aber, nun ja, wie wusste bereits der griechische Philosoph Heraklit: Panta rhei – alles fließt. Und weil gerade „Civ“-Spieler keine Angst vor Veränderung haben dürften, können sie sich in „Civilization V“ auf zahlreiche neue Spielelemente freuen, wie eben die Hexfeld-Landkarte, einen größeren Wirkungsradius der eigenen Städte, neutrale Stadtstaaten und ein überarbeitetes Kampfsystem, das kein Stapeln von Einheiten mehr erlaubt. Worum geht’s? Um gut 6000 Jahre Menschheitsgeschichte und den Aufstieg und Fall von Zivilisationen. Das grundlegende Spielprinzip bleibt in „Civ V“ unangetastet: Man bewegt seine Siedler, Arbeiter und Soldaten über eine Weltkarte, gründet Städte, die über die Jahrhunderte zu Metropolen anwachsen, erforscht Dutzende aufeinander aufbauende Technologien und betreibt Diplomatie oder setzt diese mit anderen Mitteln fort. Die wichtigste der unzähligen Entscheidungen, die man zu treffen hat, ist die Wahl des geeignetsten Ort für eine Siedlung. Denn in ihrem Umland errichten Arbeiter Modernisierungen wie Farmen oder Minen, um die dort vorhandenen Ressourcen zu erwirtschaften, wodurch sukzessive Bevölkerung, Produktivität, Reichtum, kultureller Einfluss und Forschergeist einer Stadt wachsen. Dabei greift ein durchdachtes Regelwerk: Jedes Hexfeld bringt zunächst eine kleine Menge Nahrung, Produktivität oder Gold sobald ihm ein Einwohner einer angrenzenden Stadt zugeteilt wird; mit Geländemodernisierungen lässt sich dieser Ertrag erstmals steigern. Die Einwohnerzahl wächst mit der angesammelten Nahrung, größere Siedlungen können also immer mehr Felder im Umland bewirtschaften – dank der Hexfeld-Karte und dem erweiterten Wirkungsradius von Städten jetzt bis zu 42 Felder. Die Produktivität einer Stadt fließt in den Bau neuer Einheiten oder Gebäude, die der Stadt zusätzliche Nahrung bescheren oder den kulturellen Einfluss mehren. Dadurch wächst das anfangs aus sechs Feldern bestehende Stadtgebiet nach und nach an. Spezielle Gebäude wie die Universität oder die Bank können sogar mit Einwohnern besetzt werden und produzieren dann Punkte für die Forschung oder Gold. Das Vermögen landet im Staatsschatz, mit dem man neue Truppen alternativ zur Eigenherstellung auch kaufen oder die anfangs neutralen Stadtstaaten auf seine Seite ziehen kann. Neben Nahrung, Produktivität und Gold werfen einige Felder seltene Rohstoffe wie Eisen oder Baumwolle ab, die als strategische Ressource Voraussetzung für verschiedene Bauvorhaben sind. Die Luxusgüter steigern aber auch die Zufriedenheit der Bevölkerung. Außerdem erforscht man im Laufe des Spiels ständig neue Technologien, von der Töpferei bis zur Partikelphysik, die der Epoche entsprechende Einheiten und Gebäude freischalten. So kann selbst Jahrtausende nach der Stadtgründung die erste, wichtigste Entscheidung über die Position der Stadt relevant werden: Wasserkraftwerke lassen sich eben nur an Flüssen errichten, und Solarkraftwerke nur in der Wüste. Wie sieht’s aus? Unter dem zuschaltbaren Wabengitter liegt eine fein texturierte, wie aus einem Guss wirkende Landschaft, der man durch die Besiedlung seinen Stempel aufdrückt. Alle Erweiterungsbauten, die überdimensionierten Einheiten und die Städte selbst ändern ihr Aussehen im Laufe der Epochen, und sogar jedes errichtete Weltwunder ist deutlich erkennbar. Neu in „Civ V“ ist der Stadtbildschirm, dessen Informationen und Optik wie das Display eines Cockpits anmutet. Dort verschafft man sich einen Überblick über die Produktion in der jeweiligen Stadt, die bereits errichteten Gebäude oder den Baufortschritt und teilt seine Einwohner den zu bearbeitenden Feldern und Spezialgebäuden zu. Was uns begeistert „Civ V“ spielt sich auf Anhieb vertraut, bietet aber doch sehr viel Neues. Städte wachsen ungleichmäßig, man kann Land zukaufen, und große Persönlichkeiten haben eigene Gebäude, die einzelne Felder aufwerten. Schlicht genial ist der dynamische „End Turn“-Button, der einen per Knopfdruck zu noch ausstehenden Aktionen führt, ehe man dann die Runde beendet. Und auch wenn „Civ V“ wie immer keine reale Menschheitsgeschichte erzählt, steckt es doch voller historischer Wahrheiten und Prinzipien. Etwa, dass unkontrolliertes Bevölkerungswachstum für Unzufriedenheit sorgt, dass Städte an Flüssen besser gedeihen oder schlicht, dass sich der Fortschritt nicht aufhalten lässt – „Civilization“ zwingt einen nämlich dazu, immer ein aktuelles Forschungsprojekt zu bearbeiten, anders lässt sich eine Runde nicht beenden. Und wer sich den Technologie-Baum genauer ansieht, lernt beispielsweise, dass es zuerst die Ritterorden und dann die Banken gab, dass die Steinmetzkunst Voraussetzung für den Monotheismus und der Nationalismus Vorbote des Faschismus waren. Letztere sind zwar Beispiele aus „Civ IV“, im neuen Teil wurde der Forschungsbaum etwas entschlackt und besteht statt aus 92 nur noch aus 74 Technologien. Dennoch stellt er nach wie vor ein Highlight des Spiels dar und belohnt für erforschte Technologien nicht nur mit neuen Einheiten oder Gebäuden, sondern auch mit einem passenden Zitat einer historischen Persönlichkeit – Marshall McLuhans Kommentar zum „global village“ etwa, die Robotergesetze von Isaac Asimov oder der wunderbare Satz des postmodernen Mythen-Forschers Joseph Campbell: „Computers are like Old Testament gods: lots of rules and no mercy.“ Fazit „Civilization V“ erweitert das ohnehin ausgeklügelte Regelwerk des besten Rundenstrategiespiels der Menschheitsgeschichte um ausschließlich sinnvolle Neuerungen. Für Freunde von: „Colonization”, „Alpha Centauri”, „Age Of Empires” [nggallery id=41]
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von Christian Neeb / Oktober 4th, 2010 / 2 Kommentare

2 Kommentare

  1. Chrysogonus sagt:

    Nun erinnert mich das an Siedler von Catan.^^

  2. Kay sagt:

    Das die Serie um sinnvolle Dinge erweitert wird ist schön und gut, allerdings fehlen für den Langzeitspaß einfach Konzepte, welche sich in den vorherigen Teilen bewährt haben. Wo ist die Umweltverschmutzung? Die Religionen? Wieso musste man den eh schon dünnen Forschungsbaum lichten?

    Leider kommt mir Civ 5 wie eine Annäherung an eine Konsole vor. Natürlich ist das noch weit davon entfernt aber man kann nichts Konsolen untypischeres finden als Civ.

    Und in vielen, vielen Momenten muss man unweigerlich an das verschandelte Master of Orion 3 denken.

    Pfui Sid, spielen tue ich es trotzdem, deswegen doppelpfui und Spass bringt es mir auch, dafür denn ein dreifachpfui….